Bozen – Verwaltungsgebäude
zurück zur ProjektübersichtEntwurf und städtebauliches Konzept
In einem stark verdichteten innerstädtischen Stadtgebiet, am Rand eines großen Gleisareals eines Bahnhofs, am Stadtufer, positionieren sich ein markanter aber subtil profilierter Riegel neben dem Bahnhofsbau von A. Mazzoni. Diese beiden Baukörper markieren architektonisch hochwertig die städtische Schwelle zum Gleisareal an der Rittnerstraße.
In zweiter Reihe soll auf einem kleinen Grundstück ein großes Raumprogramm realisiert werden. Wirdenken, ein ambivalenter Ansatz, ein bescheidener Anspruch an ein kleines (unscheinbares) Grundstück in „zweiter Reihe“ gepaart mit einem Anspruch an ein großvolumiges Raumprogramm, die Baumasse eines Großprojektes.
Eine simple Reihung und Stapelung dieses Programmes fördert eine Baumasse zu Tage die in der Reihe seiner unmittelbaren Nachbarn klotzig und damit unschön proportioniert wirkt, in Bezug auf das Gegenüber der anderen Straßenseite, ein elegantes Riegelvolumen, entstünde ein unförmiges Gebilde das bezuglos im Kontext verkümmern würde.
Wir suchen die vermeintlich erkannte Ambivalenz als architektonisches Thema zu inszenieren.
In den Entwurfsüberlegungen kristallisieren sich zunächst zwei Hauptfragen heraus:
Lässt sich das große Raumprogramm derart räumlich komprimieren, dass nach Schrumpfung des Grundstücksgrundrisses, durch die Verwendung von Fenstern nach allen Seiten, immer noch Raum als architektonische Modulationsmasse übrig bleibt?
Ergibt sich nach der Reduktion der Grundrissflächen auf die notwendigsten Inhalte/ Abmessungen noch eine Flächenreserve, die zu architektonischen Erlebnisräumen gestaltet werden kann?
Diese Reserve wird derart eingesetzt, dass sie als eine Grundrissteilende fungieren kann, an der Stelle, an der die Grundstücksgeometrie einen Versatz aufweist.
Infolge wird die Ambivalenz also derart interpretiert/ Architektur überführt, dass auf einem Grundstück zwei Gebäude gebaut werden. Diese stehen im Abstand von 1,50m nebeneinander, sodass im Verlauf der aufgehenden Geschosse eine „gebaute Häuserschlucht“ entsteht, der Grundstücksversatz sichtbar wird.
Beide oberirdischen Gebäudeteile nehmen gleiche Programminhalte auf, zeigen jedoch in den Fassaden unterschiedliche Gestalt. Während das südl. stehende Gebäude in der Höhe mit der Dachterrasse auf dem 5.OG abschließt, entwickelt das nördlich stehende Gebäude 10 Obergeschosse.
Der hohe Gebäudeteil erhält durch seine Ausgestaltung der Lochfassade eine die Vertikale unterstreichende Gliederung, das kleinere Haus erhält durch die Fensterlochfügung eine Akzentuierung der Horizontalen. Einige wenige unterschiedliche Fensterformate sind auskömmlich, um die wohlproportionierten Volumina „vibrieren“ zu lassen und dadurch die Repetition desselben Büroraumes aufzubrechen. Der feine Unterschied sorgt für die Integration von Individualität der Arbeitsplätze.
Der niedrigere steht mit seiner Schmalseite zur Straße, fügt sich mit seiner Höhe in das Nivellement seiner Nachbarn ein, das „Hochhaus“ steht mit seiner Langseite zur Straße und schafft durch die Einführung seiner vertikalen Proportion den Blick über den Riegel Landhaus 11 und bezieht dadurch auch eine Fernwirkung, subjektiv und objektiv.
Er schafft durch seine Höhenentwicklung die Aufnahme des Dialoges mit dem Bahnhofsturm, sodass durch den Hochhausneubau eine weitere Attraktivität die Rittnerstraße ergänzt.
Nach Nordosten fahrend markiert der Bahnhofsturm die Einlenkung in die Rittnerstraße, dann pendelt der Blick auf das neue Hochhaus und schließlich wieder zurück dorthin wo der Blick Richtung Rosengarten frei wird.
Durch die Bebauungsergänzung mittels Hochhaus entsteht ein Wechselspiel der Attraktivitäten. Eine bislang verborgene Sequenz schließt sich zusammen.
Die Architektur
Das Erdgeschoss nimmt die geforderten Funktionen auf und gruppiert dabei die drei Sitzungssäle, die mittels schalldämmenden Faltwandsystemen zu einem zusammenhängenden Auditorium zusammengeschlossen werden können.
Der Eingangshalle wird zunächst ein Foyer vorgeschaltet, hier kann Kontakt zum Amtsdiener aufgenommen werden, bei Veranstaltungen kann die Teeküche als Bar fungieren. Die Eingangshalle erstreckt sich sodann parallel zur Rittnerstraße entlang der Gebäudemittelachse, sie ist ein „Gefäß“ im Gebäudeinneren und bekommt über die Fuge zwischen den beiden Gebäudeteilen ein spannendes Tageslicht.
Von hier geleitet die Haupttreppe in der Fuge empor in die Bürogeschosse.
Die Haupttreppe und die Nebentreppe werden bis in die Eingangshalle hinuntergeführt,
Mit seinen drei Untergeschossen erreicht der Neubau die Gründungsebene der Nachbarbebauung. Motorisierte Fahrzeuge fahren lediglich ins 1.UG.
Vom 1.UG führt eine breite Treppe mit Rollspur und extra flacher Neigung ins 2.UG wo sich die Abstellanlage für die Fahrräder befindet.
Das 3.UG wird ausschließlich für die Archivnutzung vorgesehen.
Die Obergeschosse stapeln die geforderten Funktionen vorwiegend nach der Nutzungsanforderung, wie z.B. Personalaufnahme samt Infobüro im 1.OG. Zeitweise können auf einem Geschoss zwei komplette Ämter untergebracht werden incl. eines Besprechungsraumes, 2 Archive, Bereiche für Kopierer/Drucker und Wartezonen.
Die Grundstruktur sieht die Organisation von Büros entlang der Straßen- und Hoffassade vor. Ein breiter Flur nimmt in Kernen die Sanitärfunktionen, die Archive, die Kopier- und Wartebereiche auf.
Die Korridore mit ihren Durchblicken zwischen den Kernen dienen als Begegnungs- und Kommunikationsraum.
Den nördlichen Korridorabschluss bildet ein abgeschlossenes Treppenhaus, ein an der Hoffassade angeordnetes Haupttreppenhaus wird mittig im Grundriß platziert, korridorbegleitend hochgeführt. Das 6.OG sieht einen großzügigen Aufenthaltsbereich vor und bietet darüber hinaus einem kleineren Amt ausreichend Platz neben den allgemein unterzubringenden Funktionen. In der Flurzone, dem Aufenthaltsraum und der angeschlossenen großen, nach Süden orientierten Dachterrasse gleichermaßen vorgelagert befindet sich eine Teeküche, der eigentliche Aufenthaltsbereich bleibt effektiv frei von dieser Funktion, so dass er für Veranstaltungen/Sitzungen genutzt werden kann ohne das der Betrieb der Teeküche einen störenden Einfluss nimmt.
Gleichsam kann die Teeküche Barfunktionen für den Aufenthaltsraum und die Dachterrasse übernehmen.
Der Kleinere Baukörper schließt mit der Dachterrasse (6.OG) ab. Von hier lässt sich der Riegelbau auf der anderen Straßenseite der Rittnerstraße überblicken, wodurch das Panorama in die Gebirgslandschaft des Latemar´s (Rosengarten) freigegeben wird.
Die nun folgenden vier kleineren Geschosse, können das verbleibende Programm aufnehmen, wobei das 8. und das 9.OG ämterübergreifend genutzt werden.
Obwohl die zulässige Gesamtkubatur unausgeschöpft bleibt kann das Bauvolumen noch zwei Zusatzräume bieten.
Die Konstruktion
Die Ausnutzung von drei Untergeschossen bringt den Neubau auf das Gründungsniveau der Nachbarbebauung, für die Bauherrschaft birgt dies den Vorteil die Nachbarbebauung nicht kostenintensiv vor den Baulasten des Neubaues schützen zu müssen.
Die oberirdischen aufsteigenden Geschosse werden durch Stützen im Fassadenbereich/ alternativ Stahlbetonvollfertigteilen und durch Stützen in den Kernen der Flure sowie durch den Einsatz von Flachdecken erstellt.
Die geringen Spanweiten lassen diese Konstruktionsweise zu, die Treppenhäuser und der Aufzugsschacht wirken aussteifend.
Infolge der geforderten Installationsbodenkonstruktion wird auf abgehängte Decken komplett verzichtet, der Speicherkapazität der angedachten Flachdecken kommt dies entgegen.
Die Verwendung von Lochfassaden verhindert eine unnütze Aufheizung und den damit verbundenen Kühlbedarf des Gebäudes.
Die Thermik die sich in der alls. verglasten Fuge zwischen den Baukörpern entwickeln kann wirkt förderlich für das Raumklima. Die Bürofenster dienen diesem Zweck entsprechend als Nachströmöffnungen.
Der Ausbau der Büros erfolgt mithilfe von Raumboxen in Trockenbauweise. Jedes zweite Büro wird als eine solche Raumbox konstruiert, die entstehenden Zwischenraumbüros werden zu den Erschließungsgängen raumhoch verglast. So wird der Erschließungsbereich massiv von Tageslicht durchflutet. Die opaken Raumboxen sorgen so für eine Gliederung entlang der Erschließungswege, mit der Folge dass durch die perspektivische Verschiebung die Flurlängen optisch verkürzt erscheinen und die Distanz von über 30m gebrochen wird.
Die Fassade wird als massives Hintermauerwerk mit eingebundener Stützenstellung oder aus Stahlbetonvollfertigteilen errichtet. Die entsprechend den Klimahausstandards außenseitig aufgebrachte Dämmung wird durch einen vorgehängten Plattenwerkstoff geschützt.
Der vor die Dämmung montierte Plattenwerkstoff (Basaltfaserwerkstoffplatte, „Rockpanel“) fungiert als hinterlüftete Fassade. Die weitgehend wartungsfreie Gebäudehülle wirkt damit kühlend.